Auf einmal ein einzelner Schuss, zwei Kilometer entfernt. Hoffnung keimte auf, dass ein anderer Jäger die Sau erlegt hatte. Die Treiber drehten um und wollten aus Spaß den Brombeerhaufen nochmals nehmen. Kaum drinnen, schlug der Terrier wieder an. Vier Frischlinge brachen nun aus, da kamen mir erste Zweifel. War es wirklich ein Keiler? Spitz von vorne, für drei bis vier Sekunden, konnte ich keine Waffen sehen – und dann hatte er sich auch schon im Ansitzschirm verfangen. Ich machte mir Vorwürfe, warum ich überhaupt geschossen hatte, aber ich beruhigte mich mit der Aussage, dass der Treiberschütze recht erfahren war und auch schießen wollte. Die Jagd neigte sich dem Ende, nichts kam mehr. Meine Stimmung war gegen null, und ich hoffte nur, dass es ein Keiler war. Bachen waren natürlich nicht frei. Es war jedoch eine Bache… Der Schuss saß im Gebrech. Glücklicherweise wurde sie zwei Kilometer entfernt von einem Jäger gestoppt. Ich war froh, dass das Stück zur Strecke kam. Als ich mich öffentlich dafür entschuldigte, war die Jagdherrin sehr großzügig und nahm die Entschuldigung an. Es tat mir sehr Leid, dass ich bei meinem ersten Auftritt so einen Fehler gemacht habe. Ich spendete als Wiedergutmachung eine Tonne Mais.
Was unterscheidet die Schwarzwildjagd von anderen Jagdarten?
Jede Wildart hat ihren Reiz, aber wenn ich durch meine Arbeit als hauptberuflicher Schweißhundführer im Raps unterwegs bin und ich weiß, es handelt sich um eine starke Sau, und der Schweiß- oder Loshund gibt Standlaut, dann sind meine Nerven besonders angespannt. Ich rechne jeden Moment mit einem Angriff. Und wer schon mal krankes Schwarzwild im Raps erlebt hat, der weiß, wovon ich spreche.
Woran liegt es Ihres Erachtens, dass die Schwarzwildjagd so unglaublich beliebt ist?
Es liegt wohl daran, dass es die einzige Wildart ist, die man ganzjährig bejagen kann. Jeder Monat hat seinen Reiz. Oftmals ist es auch der Einstieg für Jungjäger, bei Wildschäden oder beim Abschuss mitzuhelfen.
Sind unsere Sauenbestände hochgezüchtet?
Natürlich kann ich nicht für ganz Deutschland sprechen, aber im Kreis Herzogtum Lauenburg wird das Schwarzwild nicht gezüchtet, sondern gehegt. Und natürlich ist auch das Schwarzwild bei einer Drück- jagd das Salz in der Suppe. Es mag den einen oder anderen Revierinhaber geben, der seine Sauen mehr pflegt. Dies sollte aber jeder selbst entscheiden.
Werden wir die Schwarzwildsituation je in den Griff bekommen?
Natürlich können wir das. Wer die Bestände senken will, muss bei der Frischlingsbejagung dranbleiben und dann bei den stärkeren weiblichen Stücken zuschlagen. Ich habe viele Jagden erlebt, wo ich mit- tags zum Streckelegeplatz kam und viele starke weibliche Stücke lagen. In diesen Revieren haben sich die Drückjagdstrecken innerhalb eines Jahres halbiert. Es gibt auch Reviere, wo der Jagddruck so groß war, dass Schwarzwild ganz zur Mangelware wurde. Gerade das Schwarzwild dankt einem eine gute Hege mit einer guten Strecke.
Was wünschen Sie sich für die jagdliche Zukunft?
Dass die Wildart Schwarzwild ordentlich, sauber und vor allem fair bejagt wird. Revierübergreifende Drückjagden sollten irgendwo eine Grenze haben, damit das Wild auch wieder zur Ruhe kommt. Gerade in den letzten Jahren werden diese Jagden immer größer. Den Einsatz von Nachtsichtgeräten lehne ich strikt ab, die Ruhezeiten für unser gesamtes Wild werden dadurch zusätzlich verkürzt. Ich halte mehr vom Einzelansitz, da ich feststellen muss, dass vielen Jägern das flüchtige Schießen in Kombination mit präzisem Treffen schwerfällt. Außerdem lassen sich bei Nachsuchen, die auf dem Einzelansitz anfallen, deutlich bessere Ergebnisse erzielen. Wer also die Königsdisziplin Drückjagd absolvieren will, kommt um den Besuch eines Schießkinos nicht herum.
Es ist Vollmond, Mitte Dezember, Schnee bedeckt das Revier, freie Sicht und freies Schussfeld. Und da erscheint er: der Vorzeigekeiler, der Urian, der Basse schlechthin, das „Ding aus einer anderen Welt“. Für welchen Moment würden Sie diesen gerne ein tauschen?
Da ich in 24 Jahren reichlich Sauen strecken konnte und darunter auch einige gute Keiler waren, möchte ich keines dieser Sauerlebnisse missen. Aber man wächst mit seinen Möglichkeiten, und andere Jagdländer und andere Wildarten haben für mich in den letzten Jahren auch einen großen Reiz bekommen.
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