Viele Saujäger tun sich schwer bei der Partnersuche, dabei ist Jagd und Partnerschaft durchaus vereinbar.
Und dennoch leben die meisten im ständigen Dilemma zwischen Jagdlust und Liebestaumel und haben Angst, ihre Passion könnte zu kurz kommen. Ein fast reales Beispiel.
Jagd und Partnerschaft – Ein fast reales Beispiel
Torge ging es nicht gut. Er litt an Schlafstörungen, Halsweh und einer seltsamen Herbst-Melancholie. Er war verwirrt, denn mit Gefühlen kannte er sich nicht so aus. Wenn ihm früher elend gewesen war, war er entweder über der „Wild und Hund“ eingenickt oder er hatte zu viele Grillfackeln gegessen. Heute konnte er das ab. Torge wog 105 Kilo, (fast) alles Muskeln, hatte rote Wangen und etwas eng stehende Augen. Aus diesen verengten Sehschlitzen starrte er angestrengt zum Fenster hinaus. Seit Stunden, seit Tagen.
Torge beschlich ein mulmiges Gefühl. Erst sein peinlicher Online-Auftritt bei „Nur die Rübe zählt“, wo ihn seine Kumpels heimlich angemeldet hatten. Matze (genannt „der Matzhirsch“) und Eggi (genannt „Scheiben-Eggi“) waren beide frisch vermählt – und nun offenbar voller Beglückungs-Eifer.
Hilft die Singlebörse?
Aber ihn auf einem digitalen Flirt-Basar für Landwirte anzumelden, kam einer Sauerei gleich. Ausgerechnet ihn, den Vollzeit-Single, die Borstenbremse, Hundeführer, Nachsuchen-Experten, das Einmann-Bergekommando; den, der lieber sterben würde, als bei einem Kläpperchen zu fehlen! Ausgerechnet er fehlte morgen bei einem Kläpperchen der Extraklasse: 300 Hektar Schilf, 40 Terrier, 20 Schützen, gemähte Schneisen und Borstenviecher satt. Aber Kuchenessen mit dem Schiegervater in spe war ja auch schön – vor allem, um sich an sein neues Leben als Sonntagsjäger zu gewöhnen.
Gelbe Kastanienblätter tobten verspielt über das Kopfsteinpflaster. Die Sonnenstrahlen trauten sich das noch nicht. Wussten nicht, ob sie es wagen sollten, den Dunstschleier über dem Bauernhof einfach wegzureißen. Konnte man Traurigkeit einfach für beendet erklären? Wenn das Wetter es nicht wusste, wie sollte Torge es wissen? „Wir finden eine für dich, die passt“, hatte Scheiben-Eggi vor ein paar Monaten gesagt. „Nur wenn die Sau und der Eber aus demselben Stall kommen, kriegen sie gesunde Ferkel.“ Anfangs hatte Torge sich gesträubt. Doch dann hatte er sie getroffen – im „Al Dente“, einige Dörfer weiter. Blond, bildhübsch, Bärbel.
Jagd und Partnerschaft – Waidmannsheil ade?
Vor allem aber war sie eines: geländegängig. Sie hatten sich auf Anhieb verstanden. Bald schon begann Bärbel, alles durcheinander zu wirbeln: erst seine DJV-Bettwäsche, dann sein Gefühlsleben und schließlich seinen Tagesablauf. Ehe Torge sich versah, fand er seine Jagdhemden gebügelt im Schrank wieder, seine Hundeleinen hingen in Reih und Glied, und schließlich vermisste er seine Gummistiefel verzweifelt. So wie er jetzt Bärbel vermisste, die nochmal in die Stadt gefahren war, um den Rüblikuchen zu kaufen, den ihr Papa so mag. „Pantoffeln sind die neuen Kampfstiefel“, seufzte Torge, der jetzt nicht mal rausgehen konnte, um die Enten anzukirren, und deprimiert aus dem Fenster starrte. Monatelang hatte er auf den morgigen Tag hingefiebert, um dann, ohne einen Funken Jäger-Ehre am Leib, „Nein, natürlich gerne doch Schatzi“, zu stammeln.
Couch statt Hochsitz
Er würde sich zusammenreißen müssen, seinem künftigen Schwiegervater nicht die Saufeder ins Knie zu rammen, sollte der ihm den ersten Samstag des Novembers mit Gesprächen über Rüblikuchen- Rezepte verhageln wollen. Torge stand auf, um sich Kaffee einzugießen. Sein Ritual. An Jagdtagen – und an den übrigen. Die Maschine blubberte vor sich hin. Er nahm seinen Lieblingsbecher, den mit dem verblichenen Logo des Brackenzüchterverbands, und mischte an: blond und süß, so wie Bärbel. Als er ausgetrunken hatte, fiel sein Blick auf eine Aufschrift am Boden des Bechers. Ein großes Herz umrahmte einen Schriftzug: „Happy JGA“– und ein *. Er drehte den leeren Becher um, dort wieder ein * JGA wie „J.ung-G.esellen-A.bschied“.
So funktioniert Jagd und Partnerschaft
Torge war verwirrt. Das war eindeutig Bärbels Handschrift! So konfus war er, dass er gar nicht bemerkte, wie ein Pick-up die Auffahrt heraufraste, dass darin Scheiben-Eggi und der Matzhirsch wie wild „Treiber rein“ bliesen, dass sie drei kläffende Terrier an Bord hatten, dass sie ihn nicht für einen, sondern für fünf Tage zur Drückjagd entführen würden, von Franken über Sachsen bis nach Tschechien. Erst als seine hupenden, kläffenden, jagdlustigen Kameraden ihn hinauskomplimentierten in die Wildnis, dämmerte es Torge.
Und in diesem Moment war er der glücklichste Jäger der Welt.
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