Zusammenhalt in den Rotten
Wenn die Kosten für den Zusammenhalt einer Rotte oder eines Rudels den tatsächlichen Nutzen übersteigen würden, hätte dieser keinen Bestand. Besonders bei Arten, die sich bereits im Jährlingsalter fortpflanzen können wie das Schwarzwild, bei dem immer häufiger beobachtet wird, dass sogar Frischlingsbachen beschlagen werden, ist das Vorhandensein ausreichender Ressourcen eine treibende Kraft für den Zusammenhalt von Rotten und für das Abwandern einzelner Tiere.
Sauen sind anders
Das Schwarzwild nimmt unter den heimischen Schalenwildarten eine Sonderstellung ein, weil es pro Jahr deutlich mehr ls ein oder zwei Nachkommen haben kann, von denen wiederum mehrere oder sogar alle weiblich sein können. Bei der bekannten Vermehrungsrate von Sauen würden Rotten unter günstigen Bedingungen schnell zu mehreren hundert Individuen heranwachsen, wenn es nicht Faktoren gäbe, die immer wieder Stücke abwandern ließen. Um dies zu untersuchen, haben Biologen sich mit der Frage beschäftigt, aus welchen Verwandtschaftsverhältnissen Rotten zusammengesetzt sind und was sie verbindet oder auseinanderbrechen lässt. In einer Studie der Universität von Paris stellten Wissenschaftler fest, dass in einem zwölfjährigen Zeitraum 79 Prozent der Überläuferbachen in ihrer Geburtsrotte verblieben, während 21 Prozent abwanderten. Dabei verhielten sich alle weiblichen Überläufer einer Rotte immer gleich, entweder verblieben sie alle bei ihrer Rotte oder sie wanderten gemeinsam ab – warum, folgt später.
300 % kann die Zuwachsrate einer Schwarzwildpopulation innerhalb eines Jahres betragen.
Zeitliche Schwankungen
Der Zusammenhalt einer Rotte wird nicht nur von den vorhandenen Ressourcen bestimmt, sondern unterliegt auch jahreszeitlichen Schwankungen. Vor allem, weil Bachen sich kurz vor dem Frischtermin von der Rotte absondern und während der ersten Phase nach dem Frischen nur losen Kontakt zu weiblichen Verwandten halten. Dies destabilisiert die feste Rottenstruktur, die im Winter bestand. Während in der französischen Studie Bachen im Februar noch eine recht enge Bindung zu ihren weiblichen Frischlingen des Vorjahres hatten und meist in derselben sozialen Gruppierung anzutreffen waren, änderte sich die Rottenzusammensetzung im März, wenn sich die älteren Bachen dem Frischtermin näherten.
Frischlinge in Überläufer-Rotten
Ab April waren die Frischlinge des vorherigen Jahres vermehrt in Überläufertrupps unterwegs und zeigten eine weniger enge Bindung zu erwachsenen Tieren. Bis zur Entwöhnung der Frischlinge blieb dieses Verhalten weitgehend konstant. Häufig trennten sich nun zuvor laktierende Bachen für eine gewisse Zeit sogar von ihrem jüngsten Nachwuchs, vermutlich um den vorherigen Fraßmangel auszugleichen, denn eine Massezunahme vor der Rauschzeit ist von Bedeutung, damit die Rausche einsetzen kann. Erst wenn ein geeignetes Körpergewicht erreicht war, wurden die sozialen Bindungen innerhalb der Rotte wieder fester und waren mit Beginn der Jagdsaison im November wieder so eng wie zu Beginn des Jahres.
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