1. Die Duftsperre
Lange experimentierte er mit Schwarzwild-Vergrämungsmittel herum. Er installierte die dazugehörigen Alustreifen an hüfthohen Holzpflöcken in 30 Meter Abstand an den Feldkanten und schmierte sie mit der Tinktur ein. Doch dem Wind hielten die Streifen nicht lange stand, und so verstärkte er sie in Absprache mit dem Hersteller. Die Wirkung war spürbar – nur hielt sie nicht lang vor. Zudem ersetzte er die Holzpfähle durch Metallbügel, welche leichter aufzustellen bzw. einzusammeln sind und auch noch den Wind anzeigen. Geruchliche Abwechslung war vonnöten. Emsig avancierte Witt zum Komponisten scheußlicher Düfte.
Düfte in Kombination
Er kombinierte die Tinktur mit Menschenhaaren, er schuf variantenreiche Geruchskorridore entlang seiner Waldkanten. Er, der sich ansonsten nicht für Kosmetik interessiert, wurde begeisterter Kunde von Billigparfüm. Denn „erst die Kombination aus verschiedenen Düften in Verbindung mit Lichtreflektionen und unregelmäßigen Geräuschen bringt den ersehnten Schutz der gefährdeten Flächen”, wie Hubert Witt erläutert. Wichtig sei überdies, dass alle diese Maßnahmen wieder zurückgebaut würden, sobald die Flächen nicht mehr schutzbedür ig seien, um den Gewöhnungseffekt bei den Sauen zu vermeiden.
2. Kirren
Im Wald wird während der Vegetationszeit nicht geschossen. „Es braucht nur wenige Wochen der Ruhe, bis Sauen und auch das Rotwild meine Wühlstreifen annehmen.“ An jedem dieser nur drei Meter breiten Streifen wird ein Malbaum installiert. Darüber hinaus sorgen digitale Wilduhren und Kameras dafür, dass Witt immer genau weiß, mit welchen Schwarzkitteln er sich auseinandersetzen muss, sobald die Ernte draußen auf den Äckern eingefahren ist. Alle fünf Tage werden dort nur einige Hände seines Kirrguts untergegrubbert und eingeharkt.
3. Feldverteidigung nach alter Schule
Bei Bachen mit kleinen Frischlingen, die im Feld zu schaden gehen, spricht Witt ein „Disziplinarverfahren“ aus. Er schießt vor dem Muttertier in den Boden und ist sich sicher, damit nachhaltig „seine Verhandlungsbereitscha klargemacht“ zu haben. Alle anderen Sauen, die seine letzten Warnungen missachtet haben, werden im Feld rigide bejagt. Dafür nutzt Witt Flächenunterbrechungen, kleine Inseln im Raps, gemähte oder sogar mit Hafer angesäte Streifen im Mais, wobei „diese unbedingt geschlossen sein müssen, denn nur dann kommen die Sauen auch bei Licht vertraut.“ In Verbindung mit einer kleinen kulinarischen Abwechslung aus der Snackbox oder einem Haferstreifen werden diese Feldinseln stets in Hochsitznähe angelegt. Ein Malbaum mit Buchenholzteer sorgt für zusätzliche Attraktion. Die Wildkameras beweisen, dass Witt auch hier einen guten Instinkt beweist.
4. Intervalljagd
Sind dann alle Acker ächen abgeerntet, so beginnt der konzentrierte Reduktionsabschuss im Wald. Dann sind die Wühlstreifen natürlich äußerst fängische Plätze, die „aber ausschließlich in Intervallen bejagt werden.“ Zwischen Halb- und Vollmond werden von Oktober bis Februar, je nach Anbau der Feldfrucht, an drei Tagen hintereinander alle Wühlstreifen besetzt, und es wird gezielt Beute gemacht. Ziel ist der drastische Eingri in die Jugendklasse beim Schwarzwild. Zwischen den Mondphasen ist konsequente Ruhe an den Wühlstreifen, beschickt werden sie weiterhin alle fünf Tage.
Grandiose Ergebnisse
Hubert Witt erlegt seit Einführung dieses Bewirtschaftungsmodells jährlich zwischen 50 und 80 Sauen in Lugau. Als gelernter Metzger verwertet er sie selbst – seine provencialische Wildsalami ist mittlerweile so berüchtigt, dass er mit der Fleischbeschaffung kaum noch hinterherkommt. Auf Gesellschaftsjagden verzichtet er, führende Bachen fallen bei ihm nie, daher sind die Sozialverbände in seinem Revier intakt. Das wirtschaftliche Ergebnis ist verblüffend: Auf fast 1.000 Hektar Lugauer Jagdfläche mit riesigen Mais- und Rapsschlägen hat Witt im Jagdjahr 2011/2012 keinen Wildschaden bezahlt, obwohl noch immer viele Rotten in seinem Revier ihre Fährten ziehen.
Kaum Wildschaden – es funktioniert!
Doch seine Bilder beweisen, dass Schwarzwild gelehrig ist, dass es rasch erkennt, auf welcher Fläche es sich frei bewegen kann und wo es sich besser fernhält. Denn Jagdverzicht bedingt hier Jagderfolg. Das Genossenschaftsrevier in Lugau wurde im letzten Jahr neu verpachtet. Der bayerische Bastelfuchs bekam 100 Prozent der Stimmen. Die Genossen verzichteten gern auf die hohen Gebote anderer Bewerber. Witt hat sich ihr Vertrauen verdient. Denn hier, im tiefsten Brandenburg, da heißt die Währung Hilfsbereitschaft – das geht vom Landwirt über den Jäger bis hin zum Friseur, der Witt umsonst die Haare schneidet. Dafür karrt der das Schnittgut aus dem Salon an die Feldkante – wo die Sauen angewidert kehrtmachen. Ein äußerst effzientes System – typisch Hubert Witt eben.
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